Psychologische Herausforderungen beim investieren
Inhaltsverzeichnis
- Die wichtigsten Punkte vorab
- Kognitive Dissonanzen und ihre Rolle beim Investieren
- Die Prospect Theory: Wie wir Gewinne und Verluste unterschiedlich bewerten
- Herdenverhalten: Der Drang, der Masse zu folgen
- Verlustaversion: Der Schmerz des Verlustes
- Strategien zur Vermeidung von Emotionalen Fehlern
- Fazit
Beim Investieren spielen nicht nur Zahlen und Fakten eine Rolle, sondern auch unsere Emotionen. Besonders in Zeiten von Marktunsicherheiten kann es schwer sein, die Nerven zu behalten und rationale Entscheidungen zu treffen. In diesem Artikel untersuchen wir, wie Emotionen wie Angst, Gier und Herdenverhalten uns beeinflussen, und wie kognitive Dissonanzen, also mentale Spannungen zwischen Überzeugungen und Handlungen, oft zu Fehlentscheidungen führen. Gleichzeitig werfen wir einen Blick auf Strategien, die helfen, Emotionen zu kontrollieren und eine disziplinierte Anlagestrategie zu entwickeln.
Die wichtigsten Punkte vorab
- Angst und Gier dominieren oft unsere Entscheidungen: Diese Emotionen können zu impulsiven Handlungen führen, wie zu frühem Verkauf oder verspätetem Kauf.
- Herdenverhalten kann gefährlich sein: Wenn man der Masse folgt, ohne eigene Analysen vorzunehmen, kann man leicht in überbewertete Märkte investieren.
- Disziplin ist entscheidend: Wer eine klare Strategie verfolgt und sich der emotionalen Fallstricke bewusst ist, trifft langfristig bessere Entscheidungen.
Kognitive Dissonanzen und ihre Rolle beim Investieren
Kognitive Dissonanzen entstehen, wenn unsere Überzeugungen nicht mit unserem Handeln übereinstimmen. Dieses psychologische Phänomen tritt besonders häufig beim Investieren auf, wenn man weiß, dass man rational handeln sollte, aber Emotionen wie Angst oder Gier plötzlich die Kontrolle übernehmen. Ein klassisches Beispiel ist die Entscheidung, eine Aktie zu halten, obwohl man weiß, dass die Fundamentaldaten schlecht sind, oder der Drang, eine Aktie zu verkaufen, weil der Markt fällt, obwohl man ursprünglich geplant hatte, langfristig investiert zu bleiben.
Unser Gehirn reagiert auf Unsicherheiten und Stress, indem es schnelle, oft impulsive Entscheidungen trifft. Dieses Verhalten diente früher dem Überleben – heute führt es jedoch oft dazu, dass wir unsicher werden, wenn der Markt schwankt, und im falschen Moment verkaufen oder kaufen. Diese innere Spannung zwischen dem, was wir rational wissen, und dem, was wir emotional fühlen, kann zu erheblichen Fehlern führen.
Beispiel für kognitive Dissonanz beim Investieren:
Stell Dir vor, Du hast in eine Aktie investiert, weil Du von ihrem langfristigen Potenzial überzeugt bist. Doch nach einigen Monaten fällt der Kurs. Obwohl Du weißt, dass kurzfristige Schwankungen normal sind, verspürst Du das Bedürfnis, Deine Aktien zu verkaufen, um weitere Verluste zu vermeiden. Diese innere Spannung, die entsteht, wenn Du gegen Deine ursprüngliche Überzeugung handelst, ist ein typisches Beispiel für kognitive Dissonanz.
Die Prospect Theory: Wie wir Gewinne und Verluste unterschiedlich bewerten
Die Prospect Theory erklärt, wie Menschen Entscheidungen treffen, wenn sie mit Unsicherheit konfrontiert sind. Sie zeigt, dass Menschen Verluste viel intensiver empfinden als Gewinne gleicher Größe. Das bedeutet, dass der Schmerz, 100 € zu verlieren, größer ist als die Freude, 100 € zu gewinnen. Dieser Verlustschmerz führt oft zu irrationalen Entscheidungen, insbesondere in volatilen Marktphasen.
Die Nutzenfunktion der prospect Theory
Eine zentrale Komponente der Prospect Theory ist die Nutzenfunktion, die in der folgenden Grafik dargestellt wird:
Diese Grafik zeigt, dass die Kurve auf der Verlustseite steiler ist als auf der Gewinnseite. Das bedeutet, dass wir Verluste viel stärker empfinden als Gewinne. Zudem ist die Kurve im Bereich der Gewinne abflachend, was bedeutet, dass zusätzliche Gewinne immer weniger wert erscheinen, je mehr wir schon gewonnen haben. Diese Asymmetrie in der Wahrnehmung führt zu einem Phänomen, das als Verlustaversion bekannt ist.
Beispiel:
Stell Dir vor, Du hast 10.000 € in Aktien investiert. Der Kurs steigt um 5 %, und Du freust Dich über einen Gewinn von 500 €. Doch plötzlich fällt der Kurs um 5 %, und Du verlierst die 500 € wieder. Obwohl Du insgesamt kein Geld verloren hast, fühlt sich der Verlust intensiver an als der Gewinn. Diese Verlustaversion kann dazu führen, dass Du irrational handelst, indem Du entweder zu früh verkaufst oder zu lange an verlustbringenden Anlagen festhältst.
Die Rolle des Referenzpunkt
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Prospect Theory ist der Referenzpunkt, den Menschen setzen, wenn sie Entscheidungen treffen. In der Regel bewerten wir Gewinne und Verluste im Vergleich zu einem Ausgangspunkt, den wir als „normal“ empfinden. Dies könnte der Kaufpreis einer Aktie sein oder ein bestimmtes Renditeziel.
Die Wahrnehmung von Gewinnen und Verlusten um diesen Referenzpunkt herum ist unterschiedlich. Menschen sind bereit, mehr Risiken einzugehen, um Verluste zu vermeiden, als um zusätzliche Gewinne zu erzielen. Diese Tendenz wird besonders in volatilen Marktphasen deutlich, wenn Anleger irrational handeln, um Verluste zu vermeiden.
Herdenverhalten: Der Drang, der Masse zu folgen
Das Herdenverhalten ist evolutionsbedingt tief in uns verankert. In der frühen Menschheitsgeschichte sicherten sich Menschen durch das Leben in Gruppen Vorteile wie Schutz vor Feinden und bessere Überlebenschancen. Individuen, die sich dem Verhalten der Gruppe anpassten, hatten eine größere Chance, Gefahren zu entkommen oder Nahrung zu finden. Dieser angeborene Drang, der Masse zu folgen, hat sich bis heute gehalten und zeigt sich besonders in unsicheren Situationen – wie auf den Finanzmärkten. Hier neigen Anleger oft dazu, den Entscheidungen der Mehrheit zu folgen, auch wenn diese irrational sind, weil sie unbewusst nach Sicherheit in der Gruppe suchen.Herdenverhalten tritt häufig in volatilen Märkten auf, wenn Anleger den Entscheidungen der Mehrheit folgen, anstatt ihre eigenen Analysen durchzuführen. Dieses Verhalten wird oft durch die Angst getrieben, eine Chance zu verpassen, wenn „alle anderen“ investieren. Die Prospect Theory spielt auch hier eine Rolle, da die Angst vor Verlusten oft dazu führt, dass Anleger ihre rationale Analyse aufgeben und sich stattdessen auf die Sicherheit der Masse verlassen.
Beispiel:
Während eines Bullenmarktes steigen die Kurse stetig. Du beobachtest, wie immer mehr Menschen in den Markt einsteigen, und obwohl Du glaubst, dass die Bewertungen übertrieben sind, entscheidest Du Dich trotzdem, mitzumachen. Das Ergebnis? Du investierst zu einem überhöhten Preis, und wenn der Markt korrigiert, erleidest Du Verluste. Herdenverhalten kann also dazu führen, dass Du zu spät einsteigst und Risiken eingehst, die Du normalerweise vermeiden würdest.
Verlustaversion: Der Schmerz des Verlustes
Verlustaversion ist ein Kernelement der Prospect Theory. Wie bereits erwähnt, empfinden Menschen Verluste viel intensiver als Gewinne. Dies führt dazu, dass Anleger häufig zu lange an verlustbringenden Anlagen festhalten, in der Hoffnung, dass sich der Markt erholt. Gleichzeitig verkaufen sie gewinnbringende Anlagen oft zu früh, um den erzielten Gewinn zu sichern, bevor er möglicherweise wieder verloren geht.
Ein Beispiel für Verlustaversion zeigt sich häufig in Bärenmärkten, wenn Anleger ihre Positionen halten, obwohl die Aussichten schlecht sind. Anstatt Verluste zu realisieren und das Kapital in bessere Gelegenheiten zu investieren, zögern sie den Verkauf hinaus, weil sie den Verlust nicht akzeptieren wollen.
Strategien zur Vermeidung von Emotionalen Fehlern
Emotionale Entscheidungen können beim Investieren zu großen Verlusten führen. Daher ist es entscheidend, Strategien zu entwickeln, die helfen, emotionale Reaktionen wie Angst, Gier oder Herdenverhalten zu vermeiden. Hier sind einige bewährte Strategien, die Du nutzen kannst, um diszipliniert zu bleiben und langfristig erfolgreiche Entscheidungen zu treffen:
1. Automatisierte Sparpläne
Eine der einfachsten und effektivsten Methoden, um Emotionen aus dem Investieren zu verbannen, sind automatisierte Sparpläne. Dabei investierst Du regelmäßig einen festen Betrag in Aktien, ETFs oder andere Anlageformen – unabhängig von den aktuellen Marktbedingungen. Diese Strategie minimiert das Risiko, dass Du versuchst, den perfekten Zeitpunkt für Käufe oder Verkäufe zu finden, was oft von Emotionen wie Angst oder Gier getrieben wird. Durch das Cost-Average-Prinzip kaufst Du bei niedrigen Kursen mehr Anteile und bei hohen Kursen weniger, was langfristig zu einem günstigeren Durchschnittspreis führt.
Vorteil: Du musst Dich nicht ständig mit dem aktuellen Marktgeschehen beschäftigen und triffst weniger emotionale Entscheidungen. Die Regelmäßigkeit hilft Dir, konsequent zu investieren, ohne Dich von kurzfristigen Schwankungen verunsichern zu lassen.
2. Diversifikation
Die Diversifikation ist eine der ältesten und bekanntesten Anlagestrategien, um Risiken zu minimieren. Sie bedeutet, dass Du Dein Kapital auf verschiedene Anlageklassen, Branchen und geografische Regionen verteilst. Dadurch reduzierst Du das Risiko, dass Verluste in einem Bereich Dein gesamtes Portfolio negativ beeinflussen. Wenn Du zum Beispiel in Aktien, Anleihen, Immobilien und Rohstoffe investierst, sind Verluste in einer Anlageklasse oft durch Gewinne in einer anderen ausgeglichen.
Beispiel: In einem diversifizierten Portfolio könnten sinkende Aktienkurse durch steigende Anleihenwerte kompensiert werden. So bleibt Dein Portfolio stabiler, und Du gerätst weniger unter Druck, impulsive Entscheidungen zu treffen, wenn ein Teil des Marktes schlecht abschneidet.
3. Langfristige Perspektive
Emotionale Entscheidungen entstehen häufig durch die Reaktion auf kurzfristige Marktbewegungen. Doch erfolgreiche Investoren wissen, dass die langfristige Perspektive entscheidend ist. Märkte schwanken, das ist normal, aber über lange Zeiträume hinweg steigen sie in der Regel. Indem Du Dich auf Deine langfristigen finanziellen Ziele konzentrierst und Schwankungen in kürzeren Zeiträumen ignorierst, kannst Du vermeiden, in Panik zu geraten und in schlechten Zeiten zu verkaufen.
Vorteil: Eine langfristige Anlagestrategie hilft Dir, ruhig zu bleiben, selbst wenn die Märkte kurzfristig stark schwanken. Das Vertrauen in die Erholung der Märkte verhindert, dass Du emotionale Fehler machst.
4. Rationalität durch den Zinseszinseffekt: Der Zinseszinseffekt
Der Zinseszinseffekt ist ein perfektes Beispiel dafür, wie rationales, langfristiges Investieren belohnt wird. Wenn Du Dein Kapital über einen längeren Zeitraum zu einem konstanten Zinssatz anlegst, wachsen Deine Erträge nicht nur auf die ursprüngliche Investition, sondern auch auf die bereits erwirtschafteten Zinsen.
Fazit
Erfolgreiches Investieren erfordert weit mehr als nur ein gutes Verständnis der Märkte und Finanzprodukte. Die Kontrolle über die eigenen Emotionen ist oft der entscheidende Faktor, der zwischen Erfolg und Misserfolg unterscheidet. Psychologische Phänomene wie kognitive Dissonanzen, Herdenverhalten und Verlustaversion können uns dazu bringen, irrationale und kurzfristige Entscheidungen zu treffen, die langfristig teuer werden können.
Durch die Anwendung bewährter Strategien wie automatisierte Sparpläne, Diversifikation und das Festlegen klarer Regeln für Deine Investitionen kannst Du emotionale Fehler minimieren. Indem Du Dich auf eine langfristige Perspektive konzentrierst und von Effekten wie dem Zinseszins profitierst, erhöhst Du Deine Chancen auf nachhaltigen Erfolg.
Es ist entscheidend, die kurzfristigen Marktschwankungen zu ignorieren und sich auf das größere Bild zu konzentrieren. Wer lernt, seine Emotionen zu erkennen und in den Griff zu bekommen, wird nicht nur bessere Investitionsentscheidungen treffen, sondern auch mit mehr Gelassenheit auf die Herausforderungen der Finanzmärkte reagieren.
Diesen Beitrag teilen